Zu früh gefreut hatte sich ein frisch gebackener Eigentümer im Mai 2004 als er bei der Zwangsversteigerung einer Eigentumswohnung den Zuschlag erhielt. Die Wohnungseigentümergemeinschaft wandte sich schnell an den neuen Miteigentümer und bat um Zahlung der monatlichen Raten zur beschlossenen Sonderumlage - alles nachzulesen unter Top 8 der Wohnungseigentümerversammlung aus dem Jahr 2003.
Hiernach sollten ab Januar 2004 von den Eigentümern insgesamt 15.000,00 EUR verteilt nach Miteigentumsanteilen als Sonderumlage gezahlt werden. Damit war der Neueigentümer nicht einverstanden, denn:
1. Er werde mit Schulden der früheren Eigentümer belastet, die aus abgeschlossenen Sachverhalten stammten.
2. Die Beschlussfassung der Wohnungseigentümergemeinschaft ziele nicht auf das sofortige Bedienen der bestehenden Verbindlichkeiten, sondern auf die Überbürdung der bestehenden Schuld auf neue Eigentümer, die als „sichere“ Geldquelle bei der Tilgung der aufgehäuften Schulden mithelfen sollten.
3. Eine Fälligstellung für bereits bestehende Verbindlichkeiten in ferner Zukunft stelle keine ordnungsgemäße Bewirtschaftung dar. Ein solcher Wohnungseigentümerbeschluss könne gegenüber einem Wohnungserwerber keine Rechtswirkung entfalten.
Hierzu schrieb das Landgericht Saarbrücken dem Miteigentümer jedoch folgendes ins Stammbuch:
- Der Beklagte ist verpflichtet, die auf seinen Miteigentumsanteil entfallenden Beträge der in der Wohnungseigentümerversammlung am 16.12.2003 beschlossenen Sonderumlage insoweit zu zahlen, als die einzelnen Raten nach dem Erwerb des Wohnungseigentums fällig geworden sind.
- Die Zahlungspflicht des Beklagten besteht auf Grund des bestandskräftigen Wohnungseigentümerbeschlusses vom 16.12.2003, der gemäß § 10 Abs. 4 WEG für ihn als Sondernachfolger des früheren Eigentümers der Wohnung Nr. 5 verbindlich ist, ohne dass es einer Eintragung des Wohnungseigentümerbeschlusses in das Grundbuch bedurft hätte.
- Dieser Wohnungseigentümerbeschluss ist nicht nichtig und somit für den Beklagten verbindlich. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist grundsätzlich befugt, zur Beseitigung von Liquiditätsschwierigkeiten eine Sonderumlage zu beschließen (vgl. dazu Bärmann/Merle, WEG, 10.Auflage, § 21 Rn. 39), ein solcher Beschluss der Wohnungseigentümer entspricht auch ordnungsgemäßer Verwaltung (vgl. § 21 Abs. 3 WEG).
- Der Beklagte hat die Eigentumswohnung im Wege der Zwangsversteigerung durch den Zuschlagsbeschluss des Versteigerungsgerichts vom 19.05.2004 erworben, ohne dass es für den Zeitpunkt des Eigentumserwerbs auf die Eintragung des Beklagten im Grundbuch ankommt (vgl. § 90 ZVG).
- Obwohl die Sonderumlage bereits am 16.12.2003 und damit vor dem Eigentumserwerb des Beklagten beschlossen worden ist, haftet der Beklagte dennoch für die nach seinem Eigentumserwerb fällig gewordenen Monatsraten des auf ihn entfallenden Anteils der Sonderumlage (vgl. ebenso: OLG Köln NZM 2002, 351; KG Berlin NZM 2003, 1116, zitiert nach juris Rn. 20; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17.11.2004, Az.: 14 WX 82/03, zitiert nach juris; OLG Hamm ZMR 1996, 337; Bärmann/Merle, WEG, 10.Auflage, § 28 Rn. 152; Palandt/Bassenge, BGB, 67. Auflage, § 16 WEG Rn. 39). Dadurch wird der Beklagte auch nicht unbillig belastet. Er hatte die Möglichkeit, sich vor der Ersteigerung des Wohnungseigentums bei dem Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft nach den ihn bindenden Beschlüssen der Gemeinschaft zu erkundigen und sein Verhalten darauf einzurichten.
- Im Übrigen sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft durch die Beschlussfassung rechtsmissbräuchlich (vgl. § 242 BGB) gehandelt und die Fälligkeit der einzelnen Raten der Sonderumlage deshalb hinausgeschoben hat, um sich mit einem künftigen Erwerber einen vielleicht finanzkräftigen Schuldner zu verschaffen (vgl. dazu BGH NJW 1988, 1910, zitiert nach juris, Rn. 22). Die beschlossene Ratenzahlung sollte vielmehr eine nicht tragbare finanzielle Belastung aller zur Zahlung verpflichteter Wohnungseigentümer vermeiden.
- Nach § 56 S. 2 ZVG trägt der Ersteher von dem Zuschlag an die Lasten der im Wege der Zwangsversteigerung erworbenen Eigentumswohnung. Bei den nach dem Eigentumserwerb des Beklagten fällig gewordenen Raten der Sonderumlage handelt es sich – entgegen der Auffassung des Beklagten – nicht um „Lasten“ aus der Vergangenheit. Ausweislich des Versammlungsprotokolls der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 16. Dezember 2003 (Bl. 6 f. d.A.) dient die Sonderumlage dem Zweck, noch offene und bereits fällige Verbindlichkeiten der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber verschiedenen Gläubigern zu tilgen. Es handelt sich dabei um Forderungen in Höhe von 46.000,-- Euro, von denen ein Teilbetrag in Höhe von 15.000,-- Euro innerhalb der nächsten 5 Wochen nach Beschlussfassung bezahlt werden musste. Dieser Teilbetrag, in dessen Höhe die Sonderumlage beschlossen worden ist, umfasst u.a. Rechtsanwaltskosten, Versicherungen, die Gebäudereinigung und den Kauf von Heizöl. Der Nutzen dieser von den einzelnen Gläubigern der Wohnungseigentümergemeinschaft erbrachten Leistungen – insbesondere hinsichtlich des gekauften Heizöls und der Versicherungsbeiträge - zieht auch der Beklagte als neuer Wohnungseigentümer (vgl. dazu BGH NJW 1988, 1910, zitiert nach juris, Rn. 21; OLG Celle ZMR 2004, 525, zitiert nach juris Rn. 12). Die Sachlage unterscheidet sich nicht wesentlich von der Beteiligung eines neuen Wohnungseigentümers an den Kosten notwendiger Reparaturmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum, wenn der Schaden bereits vor dem Eigentumserwerb eingetreten ist (vgl. OLG Celle a.a.O., juris Rn. 12). Deshalb ist es gerechtfertigt, dass der Beklagte als Ersteigerer der Eigentumswohnung für die Zahlung der vor dem Zuschlag beschlossenen Sonderumlage haftet, da die ihm gegenüber geltend gemachten Raten aus dieser Sonderumlage erst nach dem Zuschlagszeitpunkt fällig geworden sind.
Fazit zur Sonderumlage
Ein Wohnungseigentümer, der seine Eigentumswohnung in einer Zwangsversteigerung erworben hat, ist auch dann zur Zahlung der nach dem Eigentumserwerb fällig gewordenen Raten einer Sonderumlage verpflichtet, wenn die Sonderumlage bereits vor dem Eigentumserwerb beschlossen wurde (LG Saarbrücken Urteil vom 27.5.2009, 5 S 26/08). Egal ob Kauf oder Zwangsversteigerung, prüfen sie die finanziellen Verhältnisse der WEG.