Nächtliches Abschließen der Haustür per Beschluss?

In vielen Wohnungseigentumsanlagen stellt sich die Frage: Darf die Haustür nachts abgeschlossen werden, um Einbrüche zu verhindern? Ein Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main zeigt, dass Sicherheitsbedenken nicht automatisch höher zu bewerten sind als Flucht- und Rettungswege. In diesem Artikel erfahren Sie, wie die Rechtslage ist und was Sie als Wohnungseigentümer tun können.

1. Der Fall: Haustür soll nachts abgeschlossen werden

Auf einer Eigentümerversammlung beschlossen die Mehrheit der Anwesenden eine Änderung der Hausordnung. Diese sollte regeln, dass die Haustür zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr abgeschlossen bleibt. Begründet wurde der Beschluss mit dem gestiegenen Sicherheitsbedürfnis der Bewohner.

Einige Eigentümer waren jedoch anderer Meinung: Sie hielten das Abschließen für gefährlich, insbesondere im Brandfall. Der Beschluss wurde angefochten.

2. Die Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht Frankfurt (Urt. v. 12.05.2015, Az. 2-13 S 127/12) erklärte den Beschluss für ungültig. Die Begründung:

Gefahr in Notsituationen:
Eine abgeschlossene Haustür kann im Brandfall ein tödliches Hindernis sein, wenn Bewohner oder Besucher ohne Schlüssel das Haus verlassen müssen.

Die Richter stellten klar: Gerade in Paniksituationen sei es unrealistisch, dass jeder einen Haustürschlüssel bei sich trägt. Daher sei ein solches Abschließen unzulässig.

🔍 Hinweis zur Rechtslage

Auch im Mietrecht werden Regelungen, wonach die Haustür nachts abgeschlossen sein muss, als unwirksam angesehen (vgl. u.a. AG Frankfurt, NZM 2005, 617).

🔍 Hinweis: Bauliche Veränderung oder nicht?

Der bloße Beschluss, die Haustür nachts abzuschließen, ist keine bauliche Veränderung, sondern eine Regelung der Nutzung. Der Einbau eines Panikschlosses hingegen stellt eine bauliche Veränderung dar (§ 20 Abs. 1 WEG) und bedarf daher eines entsprechenden Beschlusses der Eigentümergemeinschaft mit einfacher Mehrheit.

3. Gibt es Alternativen zum Abschließen?

Das Gericht wies darauf hin, dass es sogenannte Panikschlösser gibt. Diese Systeme ermöglichen es, die Tür von außen zu sichern, ohne den Fluchtweg von innen zu blockieren. Damit könnten beide Interessen – Sicherheit und Fluchtmöglichkeit – gewahrt werden.

💡 Tipp: Erkundigen Sie sich bei Ihrer Hausverwaltung, ob ein Panikschloss für Ihre Wohnanlage eine geeignete Lösung wäre. Oder noch besser: Machen Sie das zum Thema auf der nächsten Eigentümerversammlung.

📌 Praxisbeispiel: Panikschloss statt Risiko

In einer großen Altbauanlage wurde zunächst beschlossen, die Haustür nachts abzuschließen. Nach massiven Bedenken der Bewohner und einer rechtlichen Beratung entschloss sich die Eigentümergemeinschaft dazu, ein modernes Panikschloss zu installieren. Dieses erlaubt das Öffnen der Tür von innen jederzeit, während sie von außen gesichert bleibt. Die Fachliteratur wie etwa Schmidt-Futterer, Mietrecht § 535 Rn. 382 empfiehlt solche Lösungen ausdrücklich.

📌 Praxisbeispiel: AG Frankfurt kippt Schlüsselregelung

In einem Mehrfamilienhaus in Frankfurt am Main hatte die Wohnungseigentümergemeinschaft beschlossen, die Haustür nachts abzuschließen. Eine ältere Bewohnerin klagte dagegen, da sie Angst hatte, im Notfall nicht fliehen zu können. Das Amtsgericht Frankfurt gab ihr Recht und stellte fest, dass eine abgeschlossene Haustür ohne Panikfunktion gegen die Verkehrssicherungspflicht verstößt.

⚖️  Urteil: AG Frankfurt am Main, Urteil vom 30.06.2005, Az. 33 C 659/05-13 (veröffentlicht in: NZM 2005, 617)

4. Fazit: Beschluss verstößt gegen ordnungsgemäße Verwaltung

Ein Beschluss, der das Abschließen der Haustür vorschreibt und keine Rücksicht auf Fluchtmöglichkeiten nimmt, ist rechtswidrig. Er widerspricht dem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung gemäß § 19 WEG und kann erfolgreich angefochten werden.

⚠️ Warnung: Auch wenn ein Beschluss mehrheitlich getroffen wurde, kann er für ungültig erklärt werden, wenn er gegen gesetzliche Grundsätze verstößt.
 

Lesetipps