Gemeinschaftsflächen blockiert? Rechte & Maßnahmen im Überblick
Ob Kinderwagen, Schuhe, Altkartons oder ausrangierte Möbel – in vielen Gemeinschaftsanlagen stehen immer wieder Dinge im Flur, im Hausgang oder im Keller. Die einen nehmen es gelassen, andere fühlen sich gestört oder sogar behindert. Doch was ist erlaubt – und was nicht? Und wie können Sie als Wohnungseigentümerin vorgehen, wenn solche Gegenstände regelmäßig das Gemeinschaftseigentum blockieren?
Was zählt zum Gemeinschaftseigentum – und was nicht?
Zum Gemeinschaftseigentum gehören alle Gebäudeteile und Anlagen, die nicht im Sondereigentum stehen. Typische Beispiele sind:
- Hausflure, Treppenhäuser und Eingangshallen
- Kellerflure und gemeinschaftlich genutzte Keller
- Tiefgaragen, Fahrrad- und Müllräume
- Außenflächen, Zugangswege und der Vorgarten (sofern nicht per Sondernutzungsrecht zugewiesen)
Ob etwas Gemeinschafts- oder Sondereigentum ist, regeln die Teilungserklärung und der Aufteilungsplan. Eine genaue Prüfung lohnt sich – denn nur für das Gemeinschaftseigentum gelten die hier beschriebenen Regelungen.
Dürfen im Gemeinschaftseigentum Gegenstände abgestellt werden?
Grundsätzlich: Nein. Gemeinschaftsflächen sind zur gemeinsamen Nutzung vorgesehen – nicht zur privaten Lagerung. Wer dauerhaft Sachen dort abstellt, nutzt die Fläche zweckwidrig. Das gilt auch dann, wenn es „nur“ ein Kinderwagen, ein Schirmständer oder ein altes Regal ist.
Ausnahmen gelten nur dann, wenn:
- die Eigentümergemeinschaft dies per Beschluss ausdrücklich erlaubt hat oder
- es in der Hausordnung entsprechende Regelungen gibt.
Kurzzeitiges Abstellen – etwa von Einkaufstaschen oder einem Kinderwagen beim Hochtragen – wird in der Regel toleriert, solange keine Gefährdung oder dauerhafte Beeinträchtigung vorliegt.
📌 Praxisbeispiel 1: Garderobe im Hausflur
Ein Eigentümer stellt vor seiner Wohnungstür dauerhaft eine Garderobe auf – mit Jacken, Schuhen und einem Schirmständer. Die übrigen Eigentümer fühlen sich gestört, die Hausverwaltung weist auf Brandschutz und Fluchtwege hin. In einem Urteil entschied das Gericht: Die Nutzung des Flurs als private Garderobe ist eine bauliche Veränderung, da sie das optische Gesamtbild des Treppenhauses verändert – und nicht von der bloßen Nutzung gedeckt ist.
Was Sie als Eigentümerin tun können
Wenn Sie sich durch abgestellte Gegenstände im Gemeinschaftseigentum gestört fühlen, sollten Sie strukturiert vorgehen:
- Sprechen Sie die betroffene Person freundlich an.
- Informieren Sie – falls keine Besserung erfolgt – die Hausverwaltung.
- Bestehen Sie auf Umsetzung der Hausordnung bzw. geltenden Beschlüsse.
- Fordern Sie ggf. eine Beschlussfassung zur Entfernung oder Abmahnung.
- Vermeiden Sie eigenmächtiges Handeln oder das eigenständige Entsorgen fremder Sachen – das kann juristisch problematisch werden.
Was darf die Hausverwaltung tun – und was nicht?
Die Verwaltung ist für die ordnungsgemäße Verwaltung des Gemeinschaftseigentums zuständig – aber nicht befugt, ohne Beschluss eigenmächtig Ordnungsmaßnahmen durchzusetzen.
Nur wenn ein entsprechender Beschluss der Eigentümerversammlung vorliegt oder unmittelbare Gefahr besteht (z. B. durch blockierte Fluchtwege), darf die Verwaltung eingreifen.
📌 Praxisbeispiel 2: Schrottauto in der Tiefgarage
Ein Miteigentümer stellt sein nicht mehr fahrbereites Auto in der gemeinschaftlich genutzten Tiefgarage ab. Die Batterie ist abgeklemmt, das Auto hat keinen TÜV mehr. Die Gemeinschaft beschließt, das Fahrzeug entfernen zu lassen. Das Gericht bestätigt: Schrottfahrzeuge stellen keine zulässige Nutzung der Gemeinschaftsfläche dar.
🔷 Hinweis: Bauliche Veränderung oder Sondernutzungsrecht?
Nicht jede Nutzung ist automatisch eine unerlaubte Zweckentfremdung. In folgenden Fällen kann die Rechtslage anders aussehen:
- Bauliche Veränderungen: Wenn ein Gegenstand das Erscheinungsbild dauerhaft verändert (z. B. Garderobe, Möblierung, Einbau von Schränken im Hausflur), handelt es sich häufig um eine zustimmungspflichtige bauliche Veränderung (§ 20 WEG).
- Sondernutzungsrechte: Falls einem Eigentümer ein bestimmter Bereich zur alleinigen Nutzung zugewiesen wurde (z. B. ein Kellerraum oder ein Stellplatz im Freien), darf dieser dort in der Regel auch Gegenstände abstellen – aber nur im Rahmen des erlaubten Zwecks.
💡 Mehr zu diesen Themen erfahren Sie in unseren Artikeln zu baulichen Veränderungen und Sondernutzungsrechten.
Was sagen die Gerichte? – Eine Auswahl
Die Rechtsprechung zeigt: Das Abstellen von Gegenständen im Gemeinschaftseigentum kann zahlreiche rechtliche Folgen haben.
- Treppenhaus als Abstellfläche: Ein Eigentümer darf sich nicht vor seiner Wohnungstür „ausbreiten“. (AG Köln, Urteil vom 06.07.2001, Az. 205 C 78/01)
- Kinderwagen im Flur: Sind nur erlaubt, wenn Fluchtwege nicht versperrt werden. (LG Düsseldorf, Urteil vom 04.04.2000, Az. 25 S 46/99)
- Schrottauto in der Tiefgarage: Nicht zulässig – stellt eine Zweckentfremdung dar. (AG Essen, Urteil vom 28.08.2000, Az. 17 C 144/00)
- Garderobe als bauliche Veränderung: Auch optische Veränderungen können zustimmungspflichtig sein. (AG München, Urteil vom 28.04.2014, Az. 485 C 5480/14)
- Sondernutzung Kfz-Stellplatz: Auch hier gelten klare Grenzen – z. B. keine Lagerung von Müll oder Gegenständen außerhalb eines Fahrzeugs.
✅ Checkliste: So gehen Sie vor, wenn Sie sich gestört fühlen
- Gemeinschaftseigentum oder Sondernutzung prüfen
- Hausordnung und Beschlüsse sichten
- Betroffene Person ansprechen
- Verwaltung informieren
- Beschluss in der Eigentümerversammlung beantragen
- Dokumentieren Sie Beeinträchtigungen (Fotos, Notizen)
Beschluss vorhanden – und trotzdem tut sich nichts?
Manchmal hat die Eigentümerversammlung bereits einen Beschluss gefasst – etwa zur Entfernung abgestellter Gegenstände. Doch der betroffene Miteigentümer ignoriert die Vorgaben einfach. In diesem Fall stellt sich die Frage: Was tun, wenn der Beschluss nicht umgesetzt wird?
Zuständigkeit der Verwaltung
Zunächst sollte die Hausverwaltung zur Umsetzung aufgefordert werden. Denn sie ist nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG verpflichtet, gültige Beschlüsse durchzuführen. Kommt die Verwaltung dieser Pflicht nicht nach, können Eigentümer sie schriftlich auffordern und ggf. per Beschluss zur Umsetzung verpflichten.
Verstoß durch Miteigentümer – was dann?
Ignoriert ein Miteigentümer den gültigen Beschluss, liegt ein Verstoß gegen die Gemeinschaftsordnung und die Beschlusslage vor. Mögliche Schritte:
- Abmahnung durch die Gemeinschaft (über die Verwaltung)
- gerichtliche Durchsetzung – etwa durch Unterlassungsklage
- Kostenpflichtige Ersatzvornahme bei vorheriger Androhung (z. B. Entfernen durch eine Firma)
💡 Wichtig: Eigentümer dürfen nicht eigenmächtig handeln, etwa Gegenstände einfach entsorgen. Ohne klare rechtliche Grundlage drohen sonst Schadenersatzforderungen.
📄 Musterschreiben: Verwaltung zur Umsetzung eines Beschlusses auffordern
Betreff: Aufforderung zur Umsetzung eines Beschlusses der Eigentümerversammlung
Absender:
[Vorname Nachname]
[Adresse der Wohnung / Eigentumseinheit]
[E-Mail-Adresse, optional Telefonnummer]
An die Hausverwaltung:
[Name der Verwaltung]
[Adresse]
Ort, Datum
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Eigentümerversammlung vom [Datum der Versammlung] hat unter Tagesordnungspunkt [Nr.] folgenden Beschluss gefasst:
„[Wortlaut oder sinngemäßer Inhalt des Beschlusses zur Entfernung von Gegenständen im Gemeinschaftseigentum]“
Trotz des bestehenden Beschlusses werden die betreffenden Gegenstände weiterhin im Gemeinschaftseigentum (z. B. Flur / Keller / Tiefgarage) abgestellt. Eine Umsetzung des Beschlusses ist bislang nicht erfolgt.
Ich fordere Sie hiermit freundlich, aber bestimmt auf, die Umsetzung dieses Beschlusses unverzüglich in die Wege zu leiten und mir bis zum [Datum, z. B. 14 Tage Frist] eine Rückmeldung über das weitere Vorgehen zu geben.
Sollten Sie der Beschlussumsetzung nicht nachkommen, behalte ich mir weitere rechtliche Schritte vor.
Mit freundlichen Grüßen
[Unterschrift bei Ausdruck]
💡 Hinweis: Bitte passen Sie das Schreiben individuell an Ihre konkrete Beschlusslage und den betroffenen Bereich an.
🔷 Hinweis: Vorratsbeschluss – Verwaltung sofort handlungsfähig machen
Wiederholen sich bestimmte Pflichtverletzungen in einer Gemeinschaft, können Eigentümer mit einem sogenannten Vorratsbeschluss vorsorgen. Damit wird die Verwaltung ermächtigt, bei künftigen ähnlichen Verstößen ohne neuen Beschluss tätig zu werden – z. B. bei erneutem Abstellen von Gegenständen im Flur oder Keller. Das spart Zeit und Nerven.
Ein solcher Beschluss muss klar formuliert und im Protokoll dokumentiert sein. Eine vorherige schriftliche Fristsetzung an die betroffene Person bleibt dennoch erforderlich.
💡 Hinweis: Die Ermächtigung sollte im Protokoll der Eigentümerversammlung klar dokumentiert werden. Eine Rücksprache mit dem Verwalter oder einem Juristen kann helfen, die Formulierung noch passgenauer auf die Gemeinschaft zuzuschneiden.
🤝 Tipp: Konflikte vermeiden – so gelingt der Einstieg
Bevor Sie die Verwaltung einschalten, versuchen Sie es mit einem persönlichen Gespräch. Sprechen Sie das Thema freundlich, aber klar an:
„Mir ist aufgefallen, dass regelmäßig Sachen im Flur stehen – könnten wir da eine Lösung finden?“
Oft ist dem Gegenüber nicht bewusst, dass sein Verhalten stört. Wer auf Augenhöhe kommuniziert, erreicht meist mehr als mit Drohungen oder Konfrontation.
🧾 Hinweis: Eigentümer haften für ihre Mieter
Stellt ein Mieter unzulässig Gegenstände ab, ist rechtlich der Eigentümer verantwortlich. Die Gemeinschaft muss sich also an ihn wenden – nicht direkt an den Mieter. Eigentümer sollten ihre Mieter deshalb frühzeitig auf die Regeln der HausordnungRegeln der Hausordnung hinweisen.
🚨 Warnung: Brandschutz und Versicherung
Abgestellte Gegenstände im Hausflur oder Keller sind nicht nur ärgerlich – sie können im Brandfall zur Falle werden. Blockierte Fluchtwege sind ein Verstoß gegen die Bauordnung.
Im schlimmsten Fall droht der Verlust des Versicherungsschutzes oder sogar ein Bußgeld durch die Feuerwehr.
🔁 Tipp: Bei Wiederholung klare Kante zeigen
Wenn dieselbe Person trotz mehrmaliger Hinweise immer wieder Sachen abstellt, sollte die Gemeinschaft konsequent handeln:
- Verstöße dokumentieren (Fotos, Protokolle)
- Verwaltung zur Abmahnung auffordern
- Bei Bedarf gerichtliche Schritte prüfen
Wiederholtes Fehlverhalten kann als nachhaltige Störung des Gemeinschaftsfriedens gewertet werden.
💰 Hinweis: Kosten dürfen dem Verursacher auferlegt werden
Entfernt die Verwaltung Gegenstände oder beauftragt sie ein Unternehmen damit, können die Kosten dem verantwortlichen Eigentümer in Rechnung gestellt werden – vorausgesetzt, der Verstoß ist eindeutig zuzuordnen.
Wenn keine Zuordnung möglich ist, trägt die Gemeinschaft die Kosten. Ein Vorratsbeschluss sollte daher auch klare Aussagen zur Kostenverteilung enthalten.
FAQ: Häufige Fragen zu Gegenständen im Gemeinschaftseigentum
💬 Darf ich im Gemeinschaftsflur eine Sitzbank aufstellen?
Nur wenn es in der Hausordnung erlaubt oder von der Gemeinschaft beschlossen wurde. Ohne Zustimmung handelt es sich in der Regel um eine unzulässige Zweckentfremdung.
💬 Was gilt für Fahrräder vor der Haustür?
Auch Fahrräder dürfen nicht dauerhaft im gemeinschaftlichen Eingangsbereich oder Hausflur abgestellt werden – außer es gibt eine ausdrückliche Erlaubnis. Abstellflächen sollten im Fahrradkeller oder Außenbereich genutzt werden.
💬 Wie lange dürfen Gegenstände vorübergehend abgestellt werden?
Kurzzeitiges Abstellen – z. B. zum Entladen des Einkaufs oder beim Umzug – ist zulässig, solange keine Beeinträchtigung oder Gefahr entsteht. Dauernutzung ist dagegen unzulässig.
💬 Kann eine Eigentümergemeinschaft Abstellregeln beschließen?
Ja. Durch Beschluss oder über die Hausordnung kann geregelt werden, was im Gemeinschaftseigentum erlaubt ist – etwa das zeitweise Abstellen von Kinderwagen oder Schuhregalen.
💬 Darf die Verwaltung Dinge einfach entfernen lassen?
Nur wenn ein entsprechender Beschluss vorliegt oder Gefahr im Verzug besteht (z. B. blockierter Fluchtweg). Ein Vorratsbeschluss kann der Verwaltung im Vorfeld Handlungsspielraum geben.
💬 Was passiert, wenn abgestellte Gegenstände beschädigt werden?
Wer unerlaubt Sachen im Gemeinschaftseigentum abstellt, handelt auf eigenes Risiko. Kommt es zu Beschädigungen, besteht in der Regel kein Anspruch auf Ersatz – es sei denn, es liegt grobe Fahrlässigkeit oder mutwillige Beschädigung vor.
Linktipps
👉 Die Hausordnung der Eigentümergemeinschaft
👉 Gemeinschaftseigentum von A bis Z
👉 KFZ-Stellplätze, Garagen, Tiefgaragen und Co. in der Eigentümergemeinschaft