Als Eigentümergemeinschaft seid ihr nicht automatisch dazu verpflichtet, energetische Sanierungen durchzuführen, nur weil der Energieausweis bestimmte Maßnahmen empfiehlt. Der Energieausweis dient primär als Informationstool, um den energetischen Zustand eines Gebäudes zu bewerten und Empfehlungen zu geben. Dennoch gibt es bestimmte gesetzliche Vorgaben, die in einigen Fällen zu einer Sanierungspflicht führen können. Hier eine Übersicht über eure Pflichten und Entscheidungsfreiheit:
1. Energieausweis als Empfehlung, nicht als Verpflichtung
Der Energieausweis ist in erster Linie ein Informationsdokument. Er zeigt, wie effizient das Gebäude energetisch ist und gibt Hinweise, welche Sanierungsmaßnahmen sinnvoll wären, um die Energieeffizienz zu verbessern. Diese Empfehlungen sind jedoch nicht bindend, und ihr müsst sie nicht zwingend umsetzen.
Beispiel: Der Energieausweis empfiehlt den Austausch alter Fenster oder die Dämmung der Außenfassade. Das sind Vorschläge, die auf der Analyse des Energiebedarfs beruhen, aber es gibt keine unmittelbare Pflicht, diese Maßnahmen umzusetzen.
2. Die Verpflichtungen aus dem Gebäudeenergiegesetz (GEG)
Während der Energieausweis selbst keine verpflichtenden Maßnahmen nach sich zieht, gibt es bestimmte Fälle, in denen das Gebäudeenergiegesetz (GEG) energetische Mindestanforderungen und Nachrüstpflichten vorschreibt:
a) Dämmung von zugänglichen Dachflächen und obersten Geschossdecken:
Das GEG schreibt vor, dass zugängliche Dachflächen oder oberste Geschossdecken gedämmt werden müssen, wenn sie nicht ausreichend gedämmt sind. Diese Verpflichtung besteht jedoch nicht für Gebäude, die vor dem 1. Februar 2002 errichtet wurden, wenn der Eigentümer das Gebäude selbst nutzt. Für Eigentümergemeinschaften gilt die Pflicht jedoch, wenn keine entsprechende Dämmung vorhanden ist.
b) Austausch alter Heizungen:
- Heizkessel, die älter als 30 Jahre sind und keine Brennwert- oder Niedertemperaturtechnik verwenden, müssen gemäß GEG ausgetauscht werden.
- Diese Regelung betrifft Eigentümergemeinschaften, wenn ihr eine zentrale Heizungsanlage habt. Wird jede Wohnung über eine Gasetagenheizung mit Wärme und Warmwasser versorgt, das weniger relevant sein, da jede Wohnung über eine eigene Heizung verfügt.
3. Die Entscheidungsfreiheit der Eigentümergemeinschaft
Abgesehen von den spezifischen Nachrüstpflichten aus dem GEG hat die Eigentümergemeinschaft bei energetischen Sanierungen in den meisten Fällen Entscheidungsfreiheit. Das bedeutet:
- Ihr könnt gemeinsam in der Eigentümerversammlung entscheiden, ob und wann die empfohlenen Maßnahmen aus dem Energieausweis umgesetzt werden sollen.
- Solche Maßnahmen werden in der Regel als bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums betrachtet, weshalb ein Mehrheitsbeschluss (meist doppelt qualifizierte Mehrheit) notwendig ist, um Sanierungen wie die Fassadendämmung, den Fensteraustausch oder die Dachsanierung zu beschließen.
4. Die Vorteile der energetischen Sanierung
- Auch wenn keine sofortige gesetzliche Verpflichtung zur Sanierung besteht, gibt es zahlreiche Vorteile, die eine Umsetzung sinnvoll machen können:
- Energieeinsparungen: Energetische Sanierungen können langfristig die Energiekosten senken, was sowohl für Eigentümer als auch für Mieter attraktiv ist.
- Wertsteigerung der Immobilie: Durch eine bessere Energieeffizienz kann der Wert des Gebäudes steigen.
- Förderprogramme: Zahlreiche staatliche Förderprogramme unterstützen die Umsetzung energetischer Sanierungen, was die finanzielle Belastung reduziert.
- Reduktion des CO₂-Ausstoßes: Viele Sanierungen tragen zur Senkung der CO₂-Emissionen bei und unterstützen den Klimaschutz.
5. Konsequenzen und Risiken: Wenn Sanierungsempfehlungen nicht umgesetzt werden
Wenn ihr euch entscheidet, die Maßnahmen nicht durchzuführen und es keine gesetzlichen Vorgaben für eine Nachrüstung gibt, hat dies zunächst keine unmittelbaren rechtlichen Konsequenzen. Allerdings könnte es in der Zukunft gesetzliche Verschärfungen geben, die eine Sanierungspflicht mit sich bringen. Zudem kann der energetisch schlechte Zustand des Gebäudes langfristig zu höheren Energiekosten und Wertverlust führen.
6. Entscheidungshilfen für die Eigentümerversammlung: Schritte zur Umsetzung
Um die Situation transparent zu machen und eine Entscheidung herbeizuführen, könntet ihr folgende Schritte in der Eigentümerversammlung durchführen:
- Präsentation der Ergebnisse des Energieausweises: Die Ergebnisse und Empfehlungen des Energieausweises sollten den Eigentümern vorgestellt und erläutert werden.
- Abwägung der Vor- und Nachteile einer energetischen Sanierung, insbesondere in Bezug auf mögliche Einsparungen, Förderungen und zukünftige Wertsteigerungen.
- Beschlussfassung über die Umsetzung: Es kann ein Mehrheitsbeschluss gefasst werden, ob und wann welche Maßnahmen umgesetzt werden sollen.
Fazit:
- Keine automatische Pflicht zur Sanierung aufgrund des Energieausweises. Der Ausweis gibt nur Empfehlungen.
- Verpflichtungen nach dem GEG: Bestimmte Maßnahmen wie die Dämmung von zugänglichen Dachflächen oder der Austausch veralteter Heizkessel können notwendig sein.
- Die Eigentümergemeinschaft hat in den meisten Fällen die Entscheidungsfreiheit und kann in der Eigentümerversammlung entscheiden, ob Sanierungen durchgeführt werden sollen.
- Langfristige Vorteile: Obwohl keine Verpflichtung besteht, kann eine Sanierung langfristig vorteilhaft sein, z.B. durch geringere Energiekosten und staatliche Förderungen.
Was würde die Beiziehung eines Energieberater kosten?
Laut Bedarfsausweis weist das Haus folgende Schwachpunkte auf: die fehlende Fassadendämmung, teilweise alte Fenster und die alte Heizung, die durch eine Wärmepumpe ersetzt werden soll. Ein Sanierungskonzept durch einen qualifizierten Energieberater soll erstellt werden.
Die Kosten für einen Energieberater können je nach Umfang der Beratung und Region variieren. Für die drei Punkte – Fassadendämmung, Fenstertausch und Einbau einer Wärmepumpe – lassen sich folgende grobe Kostenschätzungen geben:
1. Erstellung eines Sanierungskonzepts inkl. Begehung des Gebäudes
Für eine umfassende Beratung und die Erstellung eines Sanierungskonzepts inklusive Vor-Ort-Begehung musst du mit Kosten von 1.000 bis 2.500 Euro rechnen. Dies umfasst die energetische Bewertung der Gebäudehülle und Heiztechnik sowie konkrete Maßnahmenempfehlungen.
2. Detaillierte Planung für spezifische Maßnahmen
Wenn der Energieberater zusätzlich eine detaillierte Planung für die Fassadendämmung, den Fenstertausch und den Einbau Wärmepumpe erstellen soll, können die Kosten zwischen 2.000 und 5.000 Euro liegen, je nachdem wie umfangreich die Planung ist.
3. Fördermittelberatung und Erstellung eines individuellen Sanierungsfahrplans
Die Beratung zu Fördermöglichkeiten und die Erstellung eines individuellen Sanierungsfahrplans (ISFP) können zusätzlich 500 bis 1.500 Euro kosten. Diese Kosten können aber oft durch Fördermittel des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) bis zu 80 % gefördert werden.
Gesamtkosten: Insgesamt solltest du für die Hinzuziehung eines Energieberaters für diese drei Punkte mit Kosten von etwa 3.500 bis 8.000 Euro rechnen. Ein großer Teil davon kann jedoch durch Fördermittel gedeckt werden, wodurch sich die Kosten erheblich reduzieren können. Es lohnt sich, vorab Angebote von mehreren Energieberatern einzuholen.
Ein Beschlussvorschlag zur Beauftragung eines Energieberaters
Hier ist ein Beschlussvorschlag, um zunächst nur Angebote für die Sanierungsberatung einzuholen:
Die Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft beschließt folgende Maßnahmen zur energetischen Sanierung des Gebäudes gemäß den Empfehlungen des Energieausweises:
1. Fassadendämmung
Die Fassade des Gebäudes soll gemäß den geltenden Energiestandards gedämmt werden, um den Wärmeverlust zu reduzieren und die Energieeffizienz zu steigern.
2. Einbau energiesparender Fenster
Alle alten Fenster, die den aktuellen energetischen Anforderungen nicht entsprechen, sollen durch moderne, energiesparende Fenster mit entsprechendem U-Wert ersetzt werden.
3. Einbau einer Wärmepumpe
Zur Verbesserung der Heizungsanlage und Reduzierung der CO₂-Emissionen soll eine Wärmepumpe als zentrales Heizungssystem installiert werden.
4. Einholung von Angeboten durch die Hausverwaltung
Die Hausverwaltung wird beauftragt, Angebote von drei geeigneten Energieberatern einzuholen. Diese Angebote sollen den Leistungsumfang und die Kosten für die Erstellung eines Sanierungskonzepts beinhalten, das die drei genannten Maßnahmen (Fassadendämmung, Fenstertausch und Einbau einer Wärmepumpe) umfasst. Die Angebote sind bis spätestens [Datum einsetzen] einzuholen.
5. Einberufung einer außerordentlichen Eigentümerversammlung
Nach Vorlage der drei Angebote wird die Hausverwaltung eine außerordentliche Eigentümerversammlung einberufen. Die Versammlung soll spätestens bis zum [Datum einsetzen] stattfinden. In dieser Versammlung werden die Angebote präsentiert, diskutiert und es wird ein Beschluss gefasst, welcher Energieberater mit der Erstellung des Sanierungskonzepts beauftragt wird.
6. Weiteres Vorgehen
Die Hausverwaltung stellt die eingeholten Angebote zur Verfügung.
In der außerordentlichen Eigentümerversammlung wird per Mehrheitsbeschluss über die Beauftragung eines Energieberaters entschieden, der das vollständige Sanierungskonzept erstellt.
Beschlussfassung
Dieser Beschluss wird mit der erforderlichen Mehrheit gemäß den Bestimmungen der Teilungserklärung und des Wohnungseigentumsgesetzes gefasst.
Welche Mehrheiten in der Eigentümerversammlung benötigt die WEG für eine energetische Sanierung?
Im Zusammenhang mit einem Beschluss zur energetischen Sanierung gelten im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) vor allem die folgenden Bestimmungen:
1. § 20 WEG – Maßnahmen zur Verbesserung des gemeinschaftlichen Eigentums (bauliche Veränderungen)
- 20 Bauliche Veränderungen
(1) Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen (bauliche Veränderungen), können beschlossen oder einem Wohnungseigentümer durch Beschluss gestattet werden. …
(2) … Über die Durchführung ist im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu beschließen.
Energetische Sanierungen wie Fassadendämmung, Fenstertausch oder Austausch der Heizung gelten als bauliche Veränderungen. Laut § 20 Abs. 1 WEG sind solche Maßnahmen grundsätzlich zustimmungspflichtig. Im Fall von energetischen Maßnahmen oder Modernisierungen, die der Nachhaltigkeit oder Energieeffizienz dienen, genügt eine einfache Mehrheit (mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen) der anwesenden Eigentümer (§ 20 Abs. 2 Nr. 1 WEG).
- 20 Bauliche Veränderungen
(1) Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen (bauliche Veränderungen), können beschlossen oder einem Wohnungseigentümer durch Beschluss gestattet werden. …
(2) … Über die Durchführung ist im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu beschließen.
2. § 19 WEG – Pflichten der Wohnungseigentümer
Die Eigentümergemeinschaft ist dazu verpflichtet, das gemeinschaftliche Eigentum ordnungsgemäß instand zu halten und instand zu setzen. Dazu gehört auch, die Gebäudeenergieeffizienz zu verbessern, wenn dies im Interesse der Eigentümergemeinschaft liegt.
3. § 23 WEG – Beschlussfassung der Wohnungseigentümer
Die Beschlüsse über bauliche Veränderungen, wie die genannten energetischen Maßnahmen, werden in einer ordnungsgemäß einberufenen Eigentümerversammlung gefasst. Der Beschluss muss im Protokoll der Versammlung festgehalten werden und ist dann für alle Eigentümer bindend.
4. § 25 WEG – Umlaufbeschluss
Falls es nicht möglich ist, die Maßnahmen in einer regulären Versammlung zu beschließen, können Beschlüsse auch im schriftlichen Umlaufverfahren gefasst werden. Hierfür ist allerdings die Zustimmung aller Eigentümer notwendig, sofern das nicht explizit durch die Gemeinschaftsordnung anders geregelt ist.
5. § 16 WEG – Kostenverteilung
Die Kosten für die baulichen Veränderungen, wie energetische Sanierungsmaßnahmen, werden grundsätzlich von allen Wohnungseigentümern gemeinsam getragen. Die Verteilung erfolgt meist gemäß Miteigentumsanteilen, sofern die Teilungserklärung keine andere Regelung vorsieht.