Anwaltlicher Beistand des Eigentümers in der Eigentümerversammlung

In der Einladung zu einer Wohnungseigentümerversammlung sollte unter TOP 8 ein Bericht über das Verhalten des Antragstellers, welches „krass inakzeptabel“ sei, erfolgen. Daran anschließend sollte eine Diskussion darüber stattfinden, wie auf die Situation zu reagieren sei. In Rede standen „Maßnahmen über die gemeinschaftliche Abmahnung, bis hin zur Einleitung eines Verfahrens nach § 17 WEG auf Entzug des Wohnungseigentums“. Konkrete Pflichtverletzungen wurden in der Einladung nicht benannt. Der beschuldigte Eigentümer wollte deshalb seinen Anwalt mit zur Versammlung nehmen.

Diese wurde jedoch von der Eigentümerversammlung nicht zugelassen. In der Versammlung wurde dann unter TOP 8 ein Abmahnungsbeschluss gefasst. Hiergegen klagte der Wohnungseigentümer bis vor das OLG Köln, das folgendes Urteil sprach.

Ausführungen des OLG Köln

Der Senat ist der Auffassung, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung zu Punkt 8 der Tagesordnung ungültig ist. Der gegen den Antragsteller zustande gekommene Abmahnungsbeschluss ist formell nicht fehlerfrei, da das Anwesenheitsrecht des Antragstellers durch die von der Eigentümerversammlung beschlossene Verfahrensweise – eine Verhandlung des Tagesordnungspunktes ohne die Anwesenheit seines Verfahrensbevollmächtigten – verletzt worden ist.

  • Die Versammlung der Wohnungseigentümer ist nichtöffentlich. Die Nichtöffentlichkeit soll die Wohnungseigentümer in die Lage versetzen, ihre Angelegenheiten in Ruhe und ohne Einflussnahme Dritter zu erörtern und zu regeln (BGHZ 99, 90, 95; BayObLG ZMR 1997, 478 f; NZM 2004, 388; OLG Hamm OLGZ 1990, 57). Die Anwesenheit Dritter muss deshalb grundsätzlich nicht – und auch dann nicht, wenn sie nach der Teilungserklärung zum Kreis der Personen zählen, die die Wohnungseigentümer mit ihrer Vertretung in der Wohnungseigentümerversammlung bevollmächtigen können - geduldet werden.
  • Ein Anspruch auf Zulassung eines Beraters besteht nur, wenn die Teilungserklärung dies zulässt oder das Interesse des eine Begleitung begehrenden Wohnungseigentümers das Interesse der übrigen Wohnungseigentümer an der Nichtöffentlichkeit überwiegt. Das erfordert eine auf den Einzelfall bezogene Interessenabwägung, bei der z.B. in der Person des jeweiligen Wohnungseigentümers liegende Gründe wie hohes Alter oder Gebrechlichkeit, aber auch in der Schwierigkeit der Beratungsgegenstände liegende Umstände, soweit eine Information, Vorbereitung und Beratung vor der Wohnungseigentümerversammlung nicht ausreicht, Berücksichtigung finden können.
  • Das Interesse an der Teilname eines Beraters wird nicht allein durch die Zerstrittenheit der Wohnungseigentümer untereinander begründet, auch dann nicht, wenn sie – wie hier - mit dem Beratungsgegenstand zusammenhängt. Die erforderliche Interessenabwägung und die Entscheidung über die Teilnahme des Beraters müssen in der Regel in der konkreten Wohnungseigentümerversammlung und in bezug auf den jeweiligen Tagesordnungspunkt erfolgen, da sich Art und Bedeutung der Angelegenheit erst im Einzelfall ergeben (vgl. zum Ganzen BGH NJW 1993, 1329; BayObLG NZM 2002, 616; OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 1294; Palandt/Bassenge, Kommentar zum BGB, 66. Auflage 2007 § 24 WEG Rdn. 15; Staudinger/Bub, 13. Bearbeitung 2005, § 25 WEG Rdn. 173 ff).

Unter Beachtung dieser Grundsätze liegt ein überwiegendes Interesse an der Zuziehung einer anwaltlichen Beratung vorliegend vor.

Im Hinblick darauf, dass § 17 WEG massiv in das Eigentum des Störers eingreift und die Entziehung des Wohnungseigentums deshalb nur das äußerste Mittel sein kann, ist dem Interesse des Eigentümers an der Teilnahme seiner anwaltlichen Beratung Vorrang einzuräumen, zumal ihm ohne Mitteilung der konkreten Pflichtverletzungen eine ausreichende Vorbereitung und Beratung vor der Eigentümerversammlung nicht möglich war. Hinzu kommt, dass nach dem Inhalt des Protokolls (zu TOP 1) der Anwalt auch als bloße Begleitperson ausgeschlossen worden ist, obwohl anderen Begleitpersonen die Anwesenheit ausdrücklich gestattet worden war. Dies stellt eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung dar, auf die die Anfechtung des Beschlusses ebenfalls mit Erfolg gestützt werden kann.


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