Warum die Tagesordnung für Sie als Sondereigentümer entscheidend ist
Wenn Sie als Wohnungseigentümer nicht nur informiert, sondern auch mitentscheiden wollen, ist die Tagesordnung zur Eigentümerversammlung Ihr wichtigstes Instrument. Denn nur was klar angekündigt wurde, kann wirksam beschlossen werden. Fehler bei der Formulierung können zur Anfechtbarkeit von Beschlüssen führen – oder dazu, dass Sie von wichtigen Themen zu spät erfahren.
Gesetzliche Grundlage: Was sagt das Wohnungseigentumsgesetz?
Nach § 23 Abs. 2 WEG muss die Tagesordnung bei der Einladung zur Versammlung die Gegenstände der Beschlussfassung klar bezeichnen. Andernfalls können Beschlüsse nach § 23 Abs. 4 WEG angefochten werden.
⚠️ Wichtig: Seit der WEG-Reform 2020 heißt die Eigentümergemeinschaft rechtlich korrekt Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE).
Anforderungen an eine rechtssichere Tagesordnung
Damit Sie als Sondereigentümer erkennen, worum es geht, muss die Tagesordnung:
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✅ stichwortartig, aber konkret formuliert sein
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✅ erkennen lassen, ob ein Beschluss gefasst werden soll
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❌ nicht zu allgemein gehalten sein (z. B. nur "Hausordnung ändern")
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❌ nicht völlig unbestimmt sein (z. B. nur "Wohngelderhöhung")
Typische Formulierungen – Genügen sie den Anforderungen?
Formulierung auf der Tagesordnung | Rechtlich ausreichend? | Bemerkung |
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Bericht der Verwaltung | ✅ Ja | informierend |
Genehmigung der Jahresabrechnung 2024 | ✅ Ja | beschlussfähig |
Wohngelderhöhung | ❌ Nein | zu unklar, wer betroffen ist |
Änderung der Hausordnung | ❌ Nein | unklar, was geändert werden soll |
Verschiedenes | ⚠️ Eingeschränkt | keine Hauptbeschlüsse erlaubt |
📅 Urteilshinweis: Eine zu unbestimmte Bezeichnung führt zur Anfechtbarkeit des Beschlusses (z. B. BayObLG 26.07.1978, 2Z BR 44/77).
Wer stellt die Tagesordnung eigentlich auf?
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📒 Grundsätzlich die Hausverwaltung – in Absprache mit dem Verwaltungsbeirat
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🔐 Einzelne Eigentümer können Punkte vorschlagen, wenn es um Angelegenheiten ordnungsgemäßer Verwaltung geht
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❌ Kein generelles Recht auf Aufnahme beliebiger Themen
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🔝 Bei Verweigerung: gerichtliche Durchsetzung möglich (OLG Düsseldorf 06.07.1994, 3 Wx 456/92)
Praxistipp: In der Praxis erfolgt die Aufstellung der Tagesordnung in Absprache mit dem Verwaltungsbeirat, wobei es oftmals zweckmäßig ist, die Einberufung der Versammlung und die Ankündigung der Tagesordnung zu trennen, also z.B. die Versammlung sechs Wochen vorher einzuberufen, die Tagesordnung aber 3 Wochen vorher zu versenden. So ist es den Miteigentümern möglich, weitere Tagesordnungspunkte zu benennen.
Was gilt für den Punkt "Sonstiges"?
Der Tagesordnungspunkt "Sonstiges" oder "Verschiedenes" führt oft zu Missverständnissen.
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⚠️ Keine Hauptbeschlüsse dürfen hier gefasst werden
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✅ Informelle Punkte oder Fragen sind zulässig
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❌ Nicht geeignet, um spontan wichtige Beschlüsse zu erzwingen
Praxistipp: Lassen Sie diesen Punkt ggf. ganz weg, um Missbrauch zu vermeiden.
Sonderfall: Nachträgliche Tagesordnungspunkte
Kurz vor der Versammlung noch schnell einen Punkt einreichen? Nur in Ausnahmefällen:
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❌ Nicht zulässig, wenn die dreiwöchige Frist dadurch unterlaufen wird
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✅ Zulässig, wenn alle Eigentümer anwesend sind und zustimmen (einstimmiger Beschluss)
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🔐 Verwalter kann Anregung aufnehmen, muss aber nicht
📊 Urteil: LG München I, Urteil vom 16.05.2011 - 1 S 5166/11
Praxistipp: Ohne Ankündigung in der Tagesordnung können Beschlüsse gefasst werden, wenn sämtliche Eigentümer anwesend oder vertreten sind und sie der Beschlussfassung zustimmen.
Zusammenfassung für Sondereigentümer
✅ Prüfen Sie die Einladung auf konkrete Tagesordnungspunkte
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✅ Fordern Sie ggf. die Aufnahme wichtiger Punkte (rechtzeitig!)
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⚠️ Bei unklarer Formulierung: Anfechtung überlegen
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🚨 Lassen Sie sich nicht von "Sonstiges" oder "spontanen Vorschlägen" überrumpeln
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📆 Denken Sie an Ihre Vorbereitungszeit: Drei Wochen sind Ihr Recht