Bauliche Veränderung

  • Der gewagte Fassadenanstrich!

    Die Abgrenzung zwischen "bauliche Veränderung" und "Instandsetzungsarbeit" kann im Einzelfall schwierig sein.

    Das Oberlandesgericht Hamburg hält die bloße Änderung der Farbgebung eines Fassadenanstrichs, auch wenn es sich dabei weder um eine bauliche Tätigkeit im engeren Sinne noch um einen Eingriff in die Bausubstanz handelt, unter bestimmten Voraussetzungen für eine bauliche Veränderung im Sinne der Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes.

     

     

    Dies ist anzunehmen, wenn durch die nunmehr deutlich abgesetzte neue Farbgebung (orange) der Balkone und Pfeiler der architektonische Charakter der Fassade insgesamt nachhaltig verändert wird. Führt der Neuanstrich zu einer störenden Veränderung des architektonisch-ästhetischen Gesamteindrucks, kann darin ein nicht hinzunehmender Nachteil liegen (Beschluss des OLG Hamburg vom 17.01.2005 2 Wx 103/04).

  • Der Treppenlift im Hausflur, seniorenfreundliche Urteile

    Beantragen Senioren in Mehrfamilienhäusern den Einbau eines Treppenliftes, zeigen manche Mitgeigentümer wenig Verständnis für die älteren Mitbewohner, ganz anders die Gerichte!

    Eine 95-jährige Hamburgerin litt unter schwerer Arthrose, die Treppe zu ihrer Wohnung im zweiten Stock wurde zunehmend zur Qual. Deshalb beantragte sie auf eigene Kosten einen Treppenlift einbauen zu dürfen. Das Bauamt und die Mehrheit der Bewohner stimmten zu. Doch eine Eigentümerin fürchtete um das Erscheinungsbild des "repräsentativen Treppenhauses" und zog vor Gericht. Ohne Erfolg. Laut Verfassung dürfen Behinderte nicht benachteiligt werden, so die Richter. Die Erleichterung für die Seniorin sei wichtiger als die "geringfügige" Veränderung des Eingangsbereichs (LG Hamburg, 318 T 70/99).

    Auch ein Mann aus Tübingen legte sein Veto ein, nachdem ihn die Eigentümer der über seinem Geschäft liegenden Wohnungen überstimmt und den Einbau eines Treppenliftes mehrheitlich beschlossen hatten. Sein Argument: Da der Lift exklusiv für eine ältere Mieterin bestimmt sei, erhalte die ein Sondernutzungsrecht. Ein solches Recht könne aber nur einstimmig gewährt werden. Die Richter sahen auch das anders. Von einem Sondernutzungsrecht könne keine Rede sein, selbst wenn der Lift faktisch nur von einer Person genutzt werde (LG Erfurt, 7 T 575/01).

    Schiffbruch erlitten auch Mitglieder einer Münchner Eigentümergemeinschaft, die wegen des Lifts ihre Sicherheit gefährdet sahen, weil der Durchgang auf der Treppe durch die Vorrichtung weniger als einen Meter schmal wurde. Das Argument gelte nur, wenn der Lift in Betrieb sei, hielten die Bayrischen Richter dagegen. Zudem sei ein auf normalem Weg hinabsteigender Gehbehinderter ein viel größeres Hindernis als ein Treppenlift (OLG München, 32 Wx 51705).

    Auch eine betagte Krefelderin erhielt vom zuständigen Amtsgericht grünes Licht. Diese hatte sich vor geraumen Jahren in der ersten Etage einer Wohnungseigentumsanlage ihren Altersruhesitz geschaffen. Im Laufe der Jahre war sie jedoch nicht mehr in Lage, die Treppen zu steigen und konnte deshalb ihre Wohnung fast nicht mehr verlassen. Auf eigene Kosten wollte auch sie sich deshalb im Treppenhaus einen Treppenlift installieren lassen. Bis auf ein Eigentümerpaar stimmten alle zu. Die sturen Eigentümer argumentierten, daß die Seniorin doch ausziehen könne, zudem stelle der Treppenlift eine Gefahr für sie dar. Die Krefelder Richter stellten klar, dass die Eigentümer die Beeinträchtigung zu dulden hätten. Weiter könne die betagte Dame nicht darauf verwiesen werden, ihre Wohnung zu verkaufen und in eine Wohnung im Erdgeschoß zu ziehen. Die Verweigerung, einem behinderten Wohnungseigentümer den Einbau eines Liftes zu gestatten, würde eindeutig eine Diskriminierung darstellen. Auch der Behinderte muß, wie der Gesunde, die Möglichkeit haben, seine Wohnung zu erreichen (AG Krefeld 38 UR II 88/98).

    Grundsätzliche Überlegungen des OLG München zum Einbau eines Treppenliftes in einer Wohnungseigentumsanlage

    Der Einbau eines Treppenlifts ist eine bauliche Veränderung im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes. Es handelt sich weder um eine Instandhaltung durch Erhaltung des ursprünglich ordnungsgemäßen Zustands, noch um eine modernisierende Instandsetzung durch Ersatz einer veralteten Anlage.

    Deshalb bedarf der Einbau des Treppenlifts im gemeinsamen Treppenhaus der Zustimmung aller anderen Miteigentümer. Grundsäztlich besteht kein Anspruch auf Zustimmung zu dieser baulichen Veränderung. Würden allerdings die übrigen Wohnungseigentümer durch die bauliche Veränderung nicht über das unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt, bestehe gegen sie ein Anspruch auf Duldung der baulichen Maßnahme.

    Es muss also eine Interessenabwägung vorgenommen werden. Das Interesse des Gehbehinderten auf leichten und gefährdungsfreien Zugang zu seiner Wohnung bemesse sich vor allem nach dem Grad und Umfang seiner Behinderung. Je stärker die Beeinträchtigung sei, desto stärkeres Gewicht komme dem Verbot der Benachteiligung Behinderter zu. Das Interesse der anderen Wohnungseigentümer (z.B. Vermeiden von massiven baulichen Eingriffen, räumliche Enge und teilweise Unbenutzbarkeit des Treppenhauses) müsse dann dahinter zurückstehen (OLG München, 34 Wx 66/07).

    Besteht Interesse an der Montage eines Treppenlifts, gibt es bei vielen Anbietern die Möglichkeit einen unverbindlichen Beratungstermin in Anspruch zu nehmen. Bei diesem werden die Gegebenheiten vor Ort in Augenschein genommen und ein passendes Angebot erstellt. Unter Umständen ist es sinnvoll, die anderen Wohnungseigentümer daran teilhaben zu lassen, sodass mögliche Sorgen oder Zweifel im Termin ausgeräumt werden können. Die Finanzierung der Treppenlifte liegt in der Regel bei denjenigen Personen, die diese auch nutzen möchten, wie die vorangegangenen Urteile zeigen.

    Weitere Informationen zur zur Abgrenzung der Begriffe Bauliche Veränderung - Modernisierung - modernisierende Instandsetzung finden sie hier.

  • Die eigenmächtige Terrassenvergrößerung muss zurückgebaut werden

    Die eigenmächtige Vergrößerung einer im Sondereigentum stehenden Terrasse ist als zustimmungsbedürftige bauliche Veränderung unzulässig und begründet einen Anspruch auf Beseitigung (OLG Braunschweig, Beschluss vom 18.04.1994, 3 W 6/93).

  • Die Terrassenunterkellerung stellt eine bauliche Veränderung dar

    Die Unterkellerung einer Terrasse stellt eine bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG dar. Ein Beseitigungsanspruch kann im Einzelfall aber trotz der vorhandenen Beeinträchtigung daran scheitern, dass die Zustimmung zur Unterkellerung erteilt ist, die Überschreitung der genehmigten Maße nur gerinfügig ausfällt und eine Beseitigung mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden ist, die nach den Gesamtumständen billigerweise nicht zumutbar sind (OLG Hamm, Beschluss vom 25.11.1975, 15 W 314/75).

  • Einbau elektrischer Rolladenheber

    Gegenseitige Rücksichtnahme sollte das oberste Gebot in einer Gemeinschaft von Wohnungseigentümern sein. Die Gerichte achten streng darauf, dass sich einzelne Mitglieder durch private Umbauten nicht allzu große Freiheiten herausnehmen und ihre Nachbarn stören. Doch andererseits können die Eigentümer einander auch nicht alles verbieten. Die Umrüstung von manuellen auf elektrische Rollladenheber wird in der Regel als nicht zustimmungsbedürftig betrachtet (Oberlandesgericht Köln, Aktenzeichen 16 Wx 115/00).

    Der Fall: Eine Familie war es leid, jeden Morgen die Jalousien von fünf Fenstern per Hand hochzuziehen und sie jeden Abend wieder herunterzulassen. Also ließ man von einer Spezialfirma elektrische Rollladenheber einbauen. Dieser Umbau sorgte allerdings für Ärger: Die darunter wohnende Frau beschwerte sich über die Neuerung. Sie könne wegen der quietschenden Vorrichtung nicht mehr richtig schlafen. Deswegen, so klagte sie vor Gericht, müssten die Geräte wieder entfernt werden. Und das, obwohl sie zuvor selbst wegen diverser körperlicher Gebrechen elektrische Rollladenheber hatte installieren lassen. Die Nachbarn zeigten sich ihrerseits nicht bereit, auf die moderne Technik zu verzichten.

    Das Urteil: Ein Sachverständiger war zu dem Ergebnis gekommen, dass die Motoren einwandfrei montiert und technisch in Ordnung seien. Das von ihnen ausgehende Geräusch dauere jeweils nur 20 bis 40 Sekunden, sei eher geringer als beim vorherigen manuellen Betrieb und könne deswegen das Wohlbefinden eines durchschnittlich empfindlichen Menschen nicht stören. Für die Richter des Oberlandesgerichts Köln war damit die Angelegenheit klar, eine Auswechslung der Rolladenheber komme nicht in Frage – zumal sie auch das äußere Erscheinungsbild der Wohnanlage nicht im Geringsten verändert hätten.

  • Gemeinschaftseigentum Balkonbrüstung, keine freie Farbwahl!

    Wohnungseigentümer dürfen die Innenseite ihrer Balkonbrüstung nicht nach eigenen Geschmack streichen. Das gelte auch dann, wenn der Balkon insgesamt als Sondereigentum im Grundbuch eingetragen sei, so das Landgereicht Itzehoe. Die Balkonbrüstung gehöre zwingend zum Gemeinschaftseigentum, so die Richter. Damit sei auch die Innenseite der Brüstung Teil des Gemeinschaftseigentums, sofern nicht Aufbau oder Material des Brüstungselements eine andere Zuordnung ermöglichen (LG Itzehoe, 11 S 11/09).

     

     

  • Installation von Leichtmetallgeländern - nicht alles ist eine bauliche Veränderung

    Das OLG München sieht in der Installation von Leichtmetallgeländern anstelle von massiven Balkonbrüstungen eine modernisierende Instandsetzung und keine bauliche Veränderung. Dabei ist eine ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung nicht nur auf eine bloße Wiederherstellung des früheren Zustands beschränkt, sondern schließt auch eine sinnvolle Modernisierung mit ein, die die Vorteile neuer technischer Entwicklungen und verbesserter Standards unter Berücksichtigung einer vernünftigen Kosten-Nutzen-Analyse beinhaltet.

    | Beschluss des OLG München vom 14.11.2005 34 Wx 105/05.

  • Katzenschutznetz am Balkon, bauliche Veränderung oder nicht?

    Ein Katzenschutznetz am Balkon kann zum Schutz eines Tieres durchaus sinnvoll sein. Wenn aber die übrigen Eigentümer einer Wohnanlage etwas dagegen haben, ist der Streit auf der Eigentümerversammlung abzusehen. Die Urteile hierzu sind uneinheitlich.

    Ein Katzenhalter in Zweibrücken sah kein größeres Problem darin, ein dünnes und flexibles Netz am vorderen Ende seines Balkons anzubringen. Schließlich sei diese Vorrichtung, die seine Katze vor dem ,,Sprung ins Nichts" schützt bzw. von der Flucht abhält, von außen kaum zu erkennen. Die anderen Eigentümer protestierten. Sie sahen in dem Netz eine gravierende Verunstaltung der Fassade, der einheitliche Anblick der gesamten Wohnanlage werde dadurch gestört. Nachdem der Fall nicht friedlich zu schlichten war, mußte sich die Justiz damit auseinandersetzen.

     

     

    Das OLG Zweibrücken sagt nein

    Die Zweibrücker Richter stellten fest, daß ein Katzennetz im Regelfall als bauliche Veränderung im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG, Paragraph 22) zu gelten hat. Eine wesentliche Rolle spiele dabei die Frage, ob dieses Netz in der Balkonmauer verankert wird und damit in das Gemeinschaftseigentum eingreift. Eine solche bauliche Veränderung bedarf der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer. Wie die Landesbausparkasse (LBS) mitteilt, legt die Rechtsprechung stets besonders dann kritische Maßstäbe an, wenn es um die Gestaltung von Hausfassaden geht. Selbst kleinere Veränderungen können den optischen Eindruck einer Wohnanlage beeinträchtigen. Ein weiteres Problem: Was einem Eigentümer gestattet wird, das kann einem anderen schlecht verwehrt werden. Eine Vielzahl von Katzennetzen würde das Aussehen der Gesamtanlage aber in jedem Fall erheblich verändern (OLG Zweibrücken Aktenzeichen: 3 W 44/98).

    Das Amtsgericht Köln sagt ja

    Mehr Glück hatte ein Katzenhalter aus Köln, der auch eine Eigentumswohnung angemietet hatte. Auch hier wurde auf der Eigentümerversammlung beschlossen "Das Netz muss weg!" Nachdem der Mieter sich uneinsichtig zeigt, klagte der vermietende Wohnungseigentümer auf Entfernung, um dem gefassten Beschluss der Eigentümergemeinschaft nachzukommen.

    Das Amtsgericht Köln entschied hierzu, dass ein am Balkon angebrachtes Katzenschutznetz vom Vermieter geduldet werden muss. Auch dann, wenn die Eigentümergemeinschaft die Entfernung des Netzes beschlossen hat. Die Klage wurde vom Gericht mit der Begründung abgewiesen, dass das Netz an sich eher unauffällig ist und keine Beeinträchtigung dargestellt. Zudem lag im besagten Fall der Balkon nach hinten raus, so dass der optische Aspekt nicht ins Gewicht fällt (AG Köln Az. 222 C 227/01).

    Fazit

    Es kommt auf den Einzelfall an. Grundsätzlich ist die Verankerung eines Katzenschutznetzes in der Fassade eine bauliche Veränderung, die die Wohnungseigentümer nicht hinnehmen müssen. Liegt jedoch keine oder eine zu vernachlässigende optische Veränderung der Aussengestaltung vor oder ist das Katzennetz unauffällig, stehen die Chancen gut, dass das Netz bleiben darf. Um Streit aus dem Weg zu gehen, sollte deshalb ein an- und abmontierbares Katzenschutznetz gewählt werden. Zudem sollten sich Wohnungseigentümer oder Mieter vor Anschaffung eines Haustieres die Beschlüsse und Vereinbarungen der Gemeinschaft zur Tierhaltung genau ansehen, damit es kein böses Erwachen gibt.

  • Wintergärten - zum Bau ist einstimmiger Beschluss ist notwendig

    Der Beschluss einer Wohnungseigentümergemeinschaft über die Errichtung von Wintergärten auf Balkonflächen ist unwirksam, wenn das Abstimmungsergebnis nicht einstimmig erfolgte. „In diesem Falle würde die Umsetzung des Beschlusses eine nachteilige bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG und keine Modernisierungsmaßnahme nach § 22 Abs. 2 WEG darstellen", informiert die Quelle Bausparkasse.

    Als Nachteil für ein WEG-Mitglied ist jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung zu sehen. Diese darf nach allgemeiner Rechtsauffassung nicht bloß belanglosen oder bagatellartigen Charakter haben. Maßstab zur Beurteilung, ob eine Umgestaltung beeinträchtigend wirkt, ist, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der betreffenden Situation verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann.

    Im konkreten Fall ging es um die Umgestaltung von drei Dachterrassen zu verglasten Wintergärten. Dies würde jedoch nach Ansicht des Amtsgerichts Konstanz die Eigenart der Anlage verändern (§ 22 Abs. 2 WEG) und eine bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum bedeuten. (AG Konstanz, 12 C 17/07)

     

     

  • Wohneigentum: Keine Garderobe im Treppenhaus

    Ein Wohnungseigentümer hat nicht das Recht, im Treppenhaus persönliches Mobiliar anzubringen. Bei einem Fall vor dem Oberlandesgericht München ging es um die eigenmächtige Wohnungserweiterung ins Treppenhaus in Form einer befestigten Garderobe sowie zeitweise eines Kleiderschranks nebst Kommode und Schirmständer. Dies wollte eine andere Wohnungseigentümerin nicht tolerieren. Sie begehrte einen Beschluss in der Eigentümerversammlung, wonach eine Entfernung der Gegenstände erfolgen sollte. Allerdings kam eine Mehrheit für diesen Beschluss nicht zustande.

    Die klagende Eigentümerin bekam nun vor dem Gericht Recht. Eine Garderobe an der Wand sei eine bauliche Veränderung und bedarf deshalb der Zustimmung aller anderen Eigentümer, wenn deren Rechte über das unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden. Die Richter sahen diese Beeinträchtigung, da die anderen Hausbewohner durch die im Hausflur hängende Garderobe im ihnen zustehenden Mitgebrauch des Treppenhauses eingeschränkt wurden. Durch die Kleiderablage wurde ein Teil des Flurs versperrt und dadurch praktisch ein Sondernutzungsrecht in Anspruch genommen (OLG München, Az. 34 Wx 160/05).